Das Lesen und Interpretieren wissenschaftlicher Studien stellt eine komplexe Herausforderung dar. Noch anspruchsvoller ist es, diese Studien in einen größeren Zusammenhang zu stellen. In großen Ernährungsgesellschaften gibt es dafür eigens Teams von Fachwissenschaftlern, die sich auf die jeweiligen Themenbereiche spezialisiert haben.
Einige Behauptungen, auf die du in Bezug auf Ernährung stößt, klingen zunächst vernünftig und überzeugend, entbehren jedoch einer praktischen Bestätigung. Auch wenn mehrere Studien verwandte Themen abdecken, ist ihre Zusammenführung meist nicht möglich – die Gründe liegen in den unterschiedlichen Zielgruppen oder den variierenden methodischen Ansätzen und Analysen.
Um dir Orientierung im Umgang mit „Expertenmeinungen“ zu geben, die Zweifel und Verwirrung bei dir auslösen, haben wir zehn Richtlinien erarbeitet.
- Interessen des Senders beobachten: Wer ist der Urheber dieser Behauptung, und welche Motive, wie etwa finanzielle Interessen oder Machtbestrebungen, könnten dahinterstecken? Überlege, ob durch diese Aussage Ängste geschürt werden und inwieweit die Bewerbung von Produkten, beispielsweise Nahrungsergänzungsmitteln, eine Rolle spielt. Prüfe, ob eine Zusammenarbeit mit Firmen besteht, die von den getätigten Äußerungen profitieren könnten. Informiere dich darüber, ob die Person wirklich über eine wissenschaftliche Ausbildung in dem betreffenden Feld verfügt. Beurteile, ob ihr Ansatz andere herabwürdigt, wie sie mit möglicher Kritik umgeht und ob ihre Argumentation sachlich und fundiert ist.
- Tatsächliche Studienaussagen kontrollieren: Recherchiere eigenständig nach den zitierten Studien und überprüfe, ob deren Ergebnisse mit den Aussagen des Experten übereinstimmen. Achte besonders darauf, ob die Ergebnisse sowohl signifikant als auch im praktischen Alltag relevant sind. Untersuche, ob möglicherweise Ergebnisse weggelassen wurden, die den klaren Aussagen des Experten widersprechen könnten. Schau dir zudem den Diskussionsteil der Studie an: Welche Stärken und Schwächen werden dort genannt und wie werden die Ergebnisse im wissenschaftlichen Gesamtkontext eingeordnet?
- Studiendesign kontrollieren: Basiert das, was gesagt wurde, auf Einzelfallstudien, mechanistischen Untersuchungen oder Tierversuchen? Wurde es nur mit einer kleinen Gruppe von Teilnehmenden oder solchen mit besonderen Merkmalen getestet? Dann ist es wichtig zu bedenken, dass daraus keine allgemeingültigen Schlüsse gezogen werden können.
- Ergebnisse von Studien analysieren: Die Ergebnisse aus unterschiedlichen Publikationen lassen sich oft nicht direkt miteinander kombinieren. Es ist wichtig, genau zu prüfen: Sind die gezogenen Schlussfolgerungen wirklich stichhaltig?
- Vergleich mit anerkannten Ernährungsfachgesellschaften oder anderen renommierten Wissenschaftlern in dem Bereich: Welche Aussagen, Empfehlungen und Standpunkte vertreten sie?
- Tatsache vs. Hypothese: Hast du Beweise für wirklich bedeutende Effekte oder Vorteile, zum Beispiel in Bezug auf die Gesundheit oder Lebenserwartung, gefunden? Oder beruhen diese Aussagen lediglich auf Mutmaßungen, die aus einzelnen Parametern hergeleitet wurden?
- Unübersichtliche Literaturangaben: Wenn zahlreiche Studien zitiert werden, die kaum umfassend geprüft und damit entkräftet oder diskutiert werden können, könnte dies eine kritische Auseinandersetzung von Anfang an erschweren oder gar blockieren.
- Komplexe Erklärungen und Rechtfertigungen: Achte darauf, dich nicht von umfangreichen und rhetorisch geschickten Erklärungen sowie Rechtfertigungen für eventuelle Kritik täuschen zu lassen!
- Absolute Aussagen: Aussagen, die keinen Spielraum für Relativität bieten, lassen Zweifel an ihrer wissenschaftlichen Validität aufkommen, vor allem im Feld der Ernährungswissenschaften.
- Persönliche Erfahrungen: Aussagen, die persönliche oder subjektive Erfahrungen als Belege nutzen, stehen nicht im Einklang mit den Grundsätzen wissenschaftlicher Kompetenz.